Dialekt und anderes

Franz Lanthaler


fir, fiir und four

fir, fiir und four

Die Präpositionen (Vorwörter) “für” und “vor” sind ursprünglich aus demselben Wort hervorgegangen. Zwar gibt es im Germanischen die Trennung der beiden, welche im Althochdeutschen dann als furi und fora erscheinen und die mittelhochdeutsch zu für und vor werden. Aber erst ab dem 18. Jh. wurde auch eine mehr oder weniger klare inhaltliche Trennung vollzogen, wobei “für” als Richtungsangabe und “vor” als Ortsangabe verwendet wurde. In unserem Dialekt gibt es nun drei entsprechende Formen, denn “für” erscheint bei uns zweigeteilt, nämlich als fir und fiir, mit sehr unterschiedlichen Bedeutungen, und daneben natürlich four.

Alle drei Wörter kommen für sich vor, aber sie bilden auch zahlreiche Zusammensetzungen.

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Fir

Das kurze fir entspricht weitgehend dem standardsprachlichen ‘für’. So im Sinne von ‘zum Vorteil oder zu Gunsten von jemandem oder etwas’. Dës Schwetterle hatti fir diër goagnt khåp (dieses Jäckchen hatte ich eigentlich für dich vorgesehen). Disem Bei Zusammensetzungen, deren Betonung nicht von vorne herein klar ist, ist bei ihrem ersten Auftreten die betonte Silbe fett geschrieben. Prockn giën guët firn Oufn, firn Heert sainse zi groaß (jene Klötze gehen gut für den Ofen, für den Herd sind sie zu groß).

Ein solches, aus dem (religiösen) Standard übernommene fir dient auch für eine zeitliche Angabe. Beim Abbeten der Allerheiligenlitanei antwortete die Schar der Gläubigen auf jeden vom Vorbeter ausgerufenen Heiligennamen mit: “Bitte für uns!”. Daraus wurde dann als Angabe für Ereignisse, die sich in kurzen Abständen wiederholten, ålle Pittfiruns oder ålle Pippfiruns. Fir der Stuire derdenkns’aa ålle Pippfiruns ëppis Nuis (für die Steuer erfinden die auch jeden Augenblick etwas Neues).

Auch das Mittel für/gegen etwas kann damit angegeben werden. Di lëschtn Kråpfn håni lai mear firn Luscht gessen, niëmer firn Hunger (die letzten Krapfen hab ich nur noch aus Esslust gegessen, nicht mehr wegen des Hungers). Die Übersetzung zeigt, dass im Standard der Grund angegeben wird, während der Dialekt das Essen als Mittel gegen die Esslust oder den Hunger bezeichnet.

Fir gibt auch im weitesten Sinn einen Ersatz oder eine Gegenleistung für etwas an, so z.B. im Handel. Woos zoolns’enk iëz fir der Milch? (wie viel zahlt man euch jetzt für die Milch?). Fir der Wolle least min haint goor nicht mear (für die Wolle bekommt man heutzutage überhaupt nichts mehr). Eher kompliziert ist die Erklärung für eine Wendung wie zem håne firn Hias nicht mear geebm (da hielt ich den Hias für verloren). Es könnte gemeint sein, dass man auf die Rettung oder das Überleben vom Hias nichts mehr gewettet hätte. Manchmal wird mit fir auch die Einschätzung einer Sache angegeben: dee Tråppl håter fir ar guëtn Maschiin gikaaft (als er dieses Machwerk kaufte, dachte er, es handle sich um eine gute Maschine), oder sii håtmers fir giwiis derzëilt (sie hat es mir als wahr geschildert) und sii hoobm iin ålbm fir an ourntlichn Mentsch oonggschaugg (sie haben ihn immer für eine rechtschaffene Person gehalten). Eine feste Wendung ist fir nicht. Ein Werkzeug kann fir nicht sain (nichts taugen) oder man sagt haint pini fir nicht (heut fühle ich mich ganz schwach).

So wie im Standard, z.B “für immer und ewig”, gibt es auch im Dialekt feste Redewendungen mit fir wie fir ånneweegs, fir ooneweegs (ständig, regelmäßig). Wenn man jemandem ungewollt zu nahe getreten ist oder einem etwas Unangenehmes sagen muss, lautet eine häufige Entschuldigung nicht fir unguët! (sei mir nicht böse!).

Feste Zusammensetzungen sind fireguëts und firenårrn, firnårrn. Man kann einem etwas fireguëts hoobm (es ihm zugute halten, ihm dankbar sein für etwas) oder man håtn firenårrn (hält ihn zum Narren, hänselt ihn). Das Gegenteil vom Ersteren ist firiibl. I hån diër nicht firiibl (ich trage dir nichts nach), oder sii håt an schiëchn Firiibl khåp (sie war sehr beleidigt); auch kann jemand überhaupt feriiblhoobit sain (sehr leicht beleidigt oder sehr nachtragend sein). Da das fir in diesen Zusammensetzungen unbetont ist, kann man es auch mit fer- schreiben, trotzdem darf man es nicht mit feriiblin (verübeln) verwechseln, denn dieses kommt tatsächlich von ‘ver-’.

An dem Wort Firtig zeigt sich, dass im Dialekt manchmal ein früherer Sprachstand sichtbar wird. Es handelt sich dabei eigentlich um ein ‘Vorbindetuch’, und mhd. gab es tatsächlich ein vortuoh, aber daneben auch ein fürtuoh, und der Dialekt hat sich aus der Zeit, wo die beiden in ihrer Bedeutung noch nicht klar geschieden waren, das Letztere bewahrt.

Es gibt das Fürwort woos-fire, woofire (was für ein, welches), woos-fire Mentsch isch dës? (was ist das für ein Mensch?), woofire Meel hasch duu gearn? (welches Mehl hättest du gern?).

Zwei Wörter mit kurzem i sind firchn und fircher, sie gehören jedoch bedeutungsmäßig zu “vor”. Man kann etwas fircher tiën (hervorholen), fircher kemmen (herauskommen). Firchn hingegen bedeutet ‘vorne an einem Absturz’, firchn ent ist ‘ganz vorne an einer Kante’. Sie weisen, wie Firtig, auf einen früheren Sprachstand und eine andere Entwicklung als im Standard, denn sie gehen auf fürhin und fürher zurück, welch Letzteres in der Standardsprache heute ‘hervor’ lautet. Wir haben es hier mit einer gesamtbairischen Erscheinung zu tun, dass nämlich Richtungsangaben wie auchn, innin usw. auf auf-hin, in-hin zurückgehen, nicht wie die hochsprachlichen Richtungsadverbien ‘hinauf, hinein’ in umgekehrter Zusammensetzung Siehe Scheutz, Hannes (2016): Insre Sproch. Deutsche Dialekte in Südtirol. Bozen,101. .

Natürlich gibt es auch eine Reihe von Zusammensetzungen von Verben mit four, so fourgiën und fourfoorn, die ‘nach vorne’ beinhalten und örtlich gemeint sind, während fourårbitn ‘vorbereitende Handlungen’ vor der eigentlichen Arbeit beschreibt. In Zusammensetzungen wie fourmåchn oder fourpeetn wiederum gibt four an, dass man etwas sichtbar oder hörbar für andere oder vor ihnen macht. In diesem Zusammenhang gibt es auch die Redewendung duu prauchsch miër doo nicht fourzipausn! (du brauchst mir hier gar nichts zu zeigen oder mich zu belehren!).

Zu kurzem fir gehört natürlich auch derfiir, obwohl mit langem ii, weil es hier betont ist. Derfiir kriëggsche an Leckminoorsch (dafür kriegst du nicht den geringsten Dank), und woos kånn ii derfiir? (und was kann ich dafür?).

Es ist eine Besonderheit des Dialekts, dass die Verbindung von der- und Präposition auch auf Personen verweisen kann, was im Standard nicht erlaubt ist. So kann er håt ggsågg, er hoob nicht mear derfiir tiën gikennt, heißen: ‘er hat gesagt, er habe nichts mehr für ihn tun können’. Dieser Gebrauch gilt auch für andere Verbindungen von der- mit Konjunktionen, etwa derfoon, derfour, dermiit usw.

Übrigens wird das eigentlich kurze fir nicht nur bei derfiir lang und betont, sondern auch, wenn es als Gegensatz zu gëign steht pisch duu iëz fiir oder gëign main Fourschloog? (Bist du jetzt für oder gegen meinen Vorschlag?).

Fiir

Beim langen fiir haben wir es mit zwei Bedeutungen zu tun, bei fiirgiën (vorbeigehen) und fiirån (drüben vorstehend) ist es ‘vorbei’ und ‘drüber hinaus’, und bei in Fiiroon ist es ‘in Zukunft, von nun an’ und entspricht in etwa dem hochdeutschen ‘fürderhin’, das allerdings etwas hochgestochen klingt. In Fiiroon tuësch duu miërs soogn, wenn ëppis isch! (von nun an gibst du mir Bescheid, wenn es etwas gibt!), ist eine klare Ansage für die Zukunft. Dass bei in Fiir (im Voraus) und fiir und fiir (immer wieder) und s Kirchn isch fiir (die Messe ist vorbei) die ursprünglich örtliche Bedeutung auf die Zeit übertragen wird, stimmt mit dem standardsprachlichen Gebrauch überein.

Schon jetzt ist klar geworden, dass fiir eine Reihe von Bedeutungen hat und an unterschiedliche Wortarten treten kann: an Verben, Richtungsadverbien und Substantive. Die zwei Kernbedeutungen sind also ‘vorbei’ und ‘vor’ im Sinne von ‘zwischen dem Betrachterstandpunkt und dem Objekt’.

Für die erste dieser beiden Bedeutungen kann es mit allen Richtungsadverbien kombiniert erscheinen, wobei es Zusammensetzungen mit den Kurzformen derselben bilden kann. Zu allen Richtungsadverbien wie auchn, oochn, inhn/innin, außn usw. gibt es Kurzformen au-, oo-, in-, die jedoch nicht für sich stehen können, sondern an andere Wörter angehängt erscheinen. In unserem Fall ergibt das dann fiirau, fiiroo, fiiraus, fiirin, fiirån (vorbei hinauf, … hinab, … hinaus, … hinein, … hinüber) . Mit den Vollformen geht die Präposition keine so enge Verbindung ein, sondern diese erscheinen einfach nachgestellt, wobei beide gleichmäßig betont werden: fiir durch, … auchn, … oochn, … inhn, … außn. Für ‘vorbei’ steht oft fiir und oon, eigentlich ‘vorbei und weiter’. Deer kimmp aa pa kuën Gåschthaus fiir und oon (der kommt auch an keinem Gasthaus vorbei – ohne einzukehren!)

Die (außerpasseirerischen) Zusammensetzungen außnpfiir, hintnpfiir, neebmpfiir, oubmpfiir, untnpfiir geben an, auf welcher Seite eines Objektes etwas vorsteht (vorne oder hinten, seitlich, berg- oder talseitig von etwas, oben oder unten).

Neebmfiir ist – im Gegensatz zu neebmpfiir – ‘am Ziel vorbei’. Tuë långgsum schittn, sischt geat ålls neebmfiir! (Du musst langsam schütten, sonst geht alles daneben!).

Fiirsche und fiirwerts oder fiirewerts bedeuten beide ‘vorwärts, voran’, und wenn jemand aufgefordert wird fiirsche zi giën oder fiirwerts zi måchn, dann ist es eine Ermahnung, schneller zu gehen oder zu arbeiten. Auch als Hauptwort kann das Erstere auftreten: doo isch kuën Fiirsche (da geht nichts voran). Fiirsche bezeichnet auch die Stand- oder Bewegungsrichtung von Objekten nach vorne, im Gegensatz zu hintersche (nach rückwärts schauend, gehend). Wenn duu in Schliitn fiirsche zuëchnstëllsch, muësche dernooch hintersch’aweckfoorn (wenn du den Schlitten nach vorne gerichtet hinstellst, musst du nachher rückwärts wegfahren).

Mehrere Zusammensetzungen haben die Bedeutung von etwas Vorstehendem: Fiirdåch (Vordach), Fiirkopf (vorstehendes Balkenende am Blockbau), Fiirfåll (Leistenbruch). Fiirwåsser (das am Stau überfließende Wasser) enthält die Bedeutung ‘vorbei’, denn es handelt sich um das Wasser, das am Stau vorbei fließt, und bei Fiirhång (Vorhang) ist ‘vor’ oder ‘davor’ drin, wie die hochdeutsche Übersetzung ja besagt.

Es gibt eine ganze Reihe Ableitungen von Verben mit fiir-; hier sollen nur einige angeführt werden. Wenn man einem etwas fiirhåltit, fiirrupft, fiirwirft, macht man ihm Vorwürfe. Mehrdeutig hingegen ist fiirpringin, denn es kann bedeuten ‘etwas von sich geben’, ‘Jungtiere oder Nachkommen erfolgreich großziehen’ und ‘Werte oder Geld aufbringen’. Beispiele dazu: Woos deer wider amåll fiirpringg (was der schon wieder verzapft!). Sell hånemer schun gidenkt, dass i den nit fiirpringin weer (ich hab mir schon immer gedacht, dass es mir nicht gelingen wird, den großzuziehen), hat der Steckiler auf Pill mit hoch achtzig gesagt, als sein Sohn mit 62 starb. Wenni ginuëg fiirpracht, kaafiti dës Hëifl (wenn ich genug Geld aufbrächte, würde ich den kleinen Hof kaufen). Auch fiirliign låssn hat mehrere Bedeutungen: man kann das Vieh über Nacht fiirliign låssn (im Freien übernachten lassen), einen Acker f.l.l. (zuwachsen lassen) und eine Bergwiese f.l.l. (nur jedes zweite Jahr mähen). Ähnlich fiirlåssn: man kann jemanden oder etwas vorbeilassen und man kann das Vieh auf die Weide gehen lassen. Mehrdeutig ist auch fiirstiën: es kann aussagen, dass etwas die Sicht auf ein Objekt oder den Zugang zum selben verhindert oder dass etwas irgendwo vorsteht oder hervorragt. So kann auf dem Weg ein Ast fiirstiën; wenn es etwas Kürzeres ist, etwa ein Nagel in einem Brett, sagt man fiirschaugn.

Ein typisch passeirerisches Wort dürfte fiirhåckn sein: Wenn der Påch (die Passer) Hochwasser führte und Erdreich wegzuspülen drohte, hat man Bäume fiirkhåckt, d.h. man hat sie so in die Flussbiegungen gefällt, dass sie das Abtragen der Uferregion verhinderten.

Four

Four unterscheidet sich auf den ersten Blick nicht sehr vom standardsprachlichen ‘vor’, aber wenn man es genauer betrachtet, gibt es doch Abweichungen. Das zeigt sich schon an den Kernbedeutungen des Wortes.

1. Als Ortsangabe a) ‘außerhalb eines Objekts’ im Gegensatz zu ‘innerhalb’: fourn Haus (vor dem Haus, außerhalb des Hauses). Falls man das sagt, während man im Haus ist, wird es meist ergänzt fourn Haus afoure. b) ‘vor einer Person oder einem Gegenstand’ im Gegensatz zu ‘hinter’: er isch four diër ggståntn (er ist vor dir gestanden). c) ‘vorne in einem Raum, einer Reihe’ sii isch four entn gikniëlt (sie ist vorne auf der Seite gekniet).

2. Als Zeitangabe ‘vor einem anderen Ereignis’ fourn Nåchtmål (vor dem Abendessen).

3. ‘bevor’ als zeitliches Bindewort dës miët auhearn, fours zi spaat isch (ihr müsst aufhören, bevor es zu spät ist), fourde geasch, tuësche nou au Maulfoll essn (iss doch noch eine Kleinigkeit, bevor du gehst). Diesen Gebrauch, als Konjunktion, gibt es auch in anderen Dialekten, allerdings nicht in allen. Für die erste Bedeutung kann auch afoure (draußen) stehen, wie wir bereits gesehen haben a der Waite’afoure (draußen im Freien). Auch derfour (davor) gibt es natürlich. So könnte oben statt des Satzes mit der Konjunktion four (bevor) auch Folgendes stehen: Wennde geasch, tuësche derfour nou a Maulfoll essn. Allerdings hat derfour immer nur die Bedeutung ‘vor’ im Sinne von 1.b) oder 2., nie von ‘draußen’ wie in manchen Dialekten, dann dafür haben wir eben afoure.

In den zeitlichen Gebrauch fällt auch der Passeirer Wahlspruch fourn Giën ischmin ålbm nou a pissl gipliibm (vor dem Weggehen ist man immer noch ein wenig da geblieben). Ein stehender Ausdruck ist auch four Kirchn (vor Beginn der Messe), ohne den Artikel; das passt zu Kirchn giën (die Messe besuchen), aber, obwohl wir auch sagen Schuële giën (zur Schule gehen), sagen wir nicht *four Schuële, Ein vorgestelltes * besagt, dass die entsprechende Angabe im Dialekt nicht gebräuchlich oder gar nicht möglich ist. denn Schuële giën steht nicht so sehr für den einzelnen Schulbesuch, sondern für das “Schüler-Sein” oder die “Erfüllung der Schulpflicht”.

Im Unterschied zu fir und fiir bildet four auch ein Adjektiv: fourdere. Das kann der/die/das Vorderste in einer Reihe oder vorne in einem Raum sein, die Vorderseite von Dingen und Personen oder etwas zeitlich Früheres. Der Metzger unterscheidet zwischen einem fourdern und einem hintern Fiërtl von geschlachteten Tieren. In fourdern Pfinstig verweist jedoch nicht auf den vergangenen Donnerstag, sondern auf den vorletzten. Das stimmt natürlich auch mit fourgëschter und fourfeert überein.

Natürlich gibt es die Kombination mit anderen Orts- und Richtungsadverbien. Four entn, four oubm, four untn und four dinnin. Auch four auer pine fin Reegn gånz nåss giwortn (auf der Vorderseite bin ich vom Regen ganz nass geworden). Four ummer kann die Vorderseite von Dingen und Wesen beschreiben wie four ummer isch s Kålbile nit iibl, åber s Hinterggstëll tuët nit gånz miit (von vorne schaut die Kalbe nicht übel aus, aber die Rückseite ist nicht entsprechend). Eine andere Bedeutung hat es in der Redewendung four ummer tiënsider schiën, und hintn ummer richtnsid’aus (wenn du sie siehst, schmeicheln sie dir, und hintenherum machen sie dich schlecht).

Fouraus (vorne weg) ist kaum anders als hochsprachlich, und wenn man etwas fouraus håt oder wenn man foraus isch, hat man entweder zeitlich oder materiell einen Vorteil vor anderen. Und man kann auch etwas in Fouraus giwisst oder ggseechn hoobm, wofür man auch fourausseechn sagen kann. Fourausschaugn jedoch hat nicht so sehr die übertragene Bedeutung wie im Standard, nämlich langfristig denken und planen, sondern meint nur die Richtung, dass man eben ‘nach vorne blickt’.

Mit four allein gibt es natürlich auch Zusammensetzungen, und zwar sowohl mit der zeitlichen wie mit der örtlichen Variante. Ein typischer Dialektausdruck, nicht nur in Passeier, ist fourzuë, womit ‘eins nach dem andern’ gemeint ist. Di Piisiler håt ins der Henningair fourzuë aweck (unsere Küken hat der Hühnerhabicht alle nacheinander geholt). Fournånder klingt wie das Gegenteil von, ist aber eigentlich dasselbe wie noochnånder (nach einander) miër sain fournånder ggståntn (wir sind voreinander/hintereinander gestanden).

Fourrecht, Foursåtz, Foursicht, Foursteër u.a. entsprechen den fast gleichlautenden Standardwörtern. Andere Bildungen hingegen sind dem Dialekt eigen: Fourpånt (Brustriemen am Geschirr der Zugtiere), Fourpånk (Sitzbank, die an den Tisch geschoben wird), Fourhaisl (Vorraum als Windfang vor der Kirchentür), Fourschnuëre (sich verjüngende Garnschnur vorne an der Goaßl) und Fourwailign (Vorahnung). Letzteres beinhaltet einen wichtigen Aspekt im Volksglauben, nach welchem Tote sich bei entsprechend begabten Menschen maarn (bemerkbar machen), oder wonach Leute vor ihrem Tod in einer Fourwailign anderen erscheinen.

Auch wenn die äußere Form des Wortes es nicht mehr nahelegt, gehört auch Forbmis/Formis hierher. Es kommt nämlich von mhd. vor und maʒ, was so viel hieß wie ‘das Essen davor’, also das Essen vor der Arbeit.